„Künstlich, befremdlich, spannend.“ Diese drei Worte fallen Cornelia Ertl als erstes ein, wenn sie an künstliche Intelligenzen als Moderator:innen denkt. Sie hat live erlebt, wie AI-moderierte Events aussehen könnten. Im Interview spricht sie über die Zukunft von AI in der Moderations- und Eventbranche und die Bedeutung des Trends für menschliche Moderator:innen.
Die erste „Begegnung“ mit einer AI „Kollegin“ hatte ich im Rahmen der Veranstaltung „CIMIx 2023“ (Creative Industries meet Industry – The AV Edition), bei der auch ich als Moderatorin auf der Bühne gestanden bin. AI Experte Michael Katzlberger hat dort eine AI Moderatorin vorgestellt, die selbst noch einmal ein Intro zum Event gegeben hat. Ich habe mir die Keynote aus dem Publikum angesehen und war gleichermaßen erstaunt wie irritiert. Eine Moderatorin auf 40 Sprachen zu programmieren, während ich selbst nur zwei Sprachen fließend beherrsche, hat sich im ersten Moment verständlicherweise nicht so gut angefühlt. Andererseits war die künstliche Kollegin meilenweit entfernt von sympathischer Ausstrahlung, Charme und Spontanität. Eigenschaften, die professionelle Moderator:innen aufgrund ihrer Intuition und Erfahrung definitiv mit auf die Bühne bringen. Das kann nicht programmiert werden.
AI Moderator:innen sind quasi auf Knopfdruck verfügbar und können perfekt auf eine Vielzahl unterschiedlicher Inhalte programmiert werden. Ich kann mir vorstellen, dass es für Veranstaltungen, bei denen es vor allem um moderne Technologien geht, spannend ist, wenn die Moderation durch Avatare übernommen wird. Das ist (noch) neu, sorgt für Aufmerksamkeit und beeindruckt das Publikum durch technische Feinheiten. Man ist nicht von Verfügbarkeiten abhängig, kann sich „perfekte“ Moderator:innen nach Belieben zusammenbasteln und fast endlos mit Inhalten füttern. Ob man am Ende damit allerdings auch einen entsprechenden Unterhaltungs- und Wiedererkennungswert erzielt, sei dahingestellt.
Ich will ehrlich sein. Es fällt mir schwer einzuschätzen, wie schnell oder langsam die Entwicklung Künstlicher Intelligenz voranschreiten wird. AI-Moderator:innen erscheinen mir im Moment als „nur“ eine Spielerei. Die Geschwindigkeit des technologischen Fortschritts nimmt aber stetig zu. Aus diesem Grund halte ich viele Szenarien für denkbar.
Im Moment kann ich aber sagen: Veranstaltungen und die Atmosphäre, die dabei im besten Fall entsteht, leben in erster Linie von Menschen und ihren menschlichen Verhaltensweisen. Emotionen sind der Schlüssel, wenn es um Kommunikation geht. Ob ernste Themen oder Entertainment: es geht immer darum, dass Menschen zusammenkommen, um sich auszutauschen, voneinander zu lernen, miteinander zu lachen. Technologie bildet den Rahmen und sorgt für immer spektakulärere Szenen. Das ist eine wunderbare Kombination. Eine Form der Perfektion – oder sagen wir: ständige Weiterentwicklung – dieser Rahmenbedingungen voranzutreiben, halte ich für richtig. Gleichzeitig täte meiner Meinung nach der Mensch selbst gut daran, sich im Menschsein weiterzuentwickeln, anstatt maschinell-erzeugte Perfektion anzustreben.
Das glaube ich auf jeden Fall. Allerdings müssten wir zunächst definieren, was AI-Moderation überhaupt alles ist oder sein könnte. Es gibt ja bereits alle möglichen Varianten von Bots, die im Alltag zum Einsatz kommen; die uns Produkte präsentieren oder in irgendeiner Form mit Informationen behilflich sind. Ist das auch schon Moderation?
Wenn es um Online-/Streaming-Events geht, kann ich mir absolut vorstellen, dass gewisse Inhalte von AI Moderator:innen präsentiert werden. Im Rahmen „echter“ Veranstaltungen mit „echtem“ Publikum, da bin ich überzeugt, werden auch wir „echte“ Moderator:innen uns noch länger keine Sorgen um unsere Jobs machen müssen. Erfolgreiche Moderator:innen sind keine Sprechpuppen, sondern individuelle Persönlichkeiten mit Ecken und Kanten, die vor allem dort kompetent sind, wo Menschsein und Technik aufeinandertreffen: auf der Bühne, im Studio. Wir agieren und reagieren aus Erfahrung und Intuition, wir können uns blitzschnell auf sehr viele, sehr unterschiedliche Charaktere und Formen der Kommunikation einstellen. Wir bauen Brücken, wir zeigen Emotionen und sind dabei nie perfekt, sondern eben einfach zutiefst menschlich. Das ist und bleibt – aus meiner Sicht als Moderatorin und Moderationsvermittlerin – nach wie vor der größte Mehrwert und das beste Verkaufsargument.
Was mich persönlich betrifft: Wer weiß, vielleicht halte ich ja demnächst Keynote-Präsentationen zum Thema oder starte einen Podcast in Co-Moderation mit künstlichen Kolleg:innen. Oder ich erschaffe meinen eigenen Avatar, dann kann ich endlich mehrere unterschiedliche Veranstaltungen gleichzeitig moderieren. 😉
Bild: © CIMIx – Creative Industries meet Industry 2023 | The AV Edition, AUSSENWIRTSCHAFT AUSTRIA
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